NABU Werlte/Sögel zu Gast an der Albert-Trautmann-Schule Werlte
Ein fauchender Karton war wohl der Höhepunkt des Vormittags. Zwei Schleiereulenyoungsters, die der NABU Werlte/Sögel übergangsweise in Pflege genommen hat, begeisterten. Berührungsängste gab es keine, problemlos griffen die Schüler zur Pinzette und versorgten den Eulennachwuchs mit bereitgestelltem Taubenbrustfilet. Wie zu erfahren war, wurden sie als kleinste Nachkommen durch die Euleneltern nicht mehr versorgt und gehen nach ein paar Wochen Pflege gestärkt wieder zurück zu ihrer Familie. Irmgard Neubert, Biologielehrerin aus Leidenschaft, hatte den Kontakt zum NABU geknüpft und plant schon heute weitere Veranstaltungen. Klaus Ruhe, Schulleiter der Albert-Trautmann-Schule Werlte, begrüßte den Biologieunterricht der anderen Art als Bereicherung.

Eindrucksvolle Bilddokumente aus dem Hümmling zeigten Einblicke in das Phänomen Schleiereule, die zuvor wohl noch keiner der Schüler so zu Gesicht bekommen hatte.

Wie zu erfahren war, werden die Eulenvögel in der Systematik der Vögel noch heute mit ihrem wissenschaftlichen Namen als Hexen der Nacht bezeichnet. Dieses Relikt aus dem Mittelalter ist Ausdruck ihrer unglaublich gut ausgestatteten Sinne, die die Wahrnehmungsqualitäten der Menschen um ein Vieles übertreffen. Im Dunkeln sehen, lautlos fliegen und auf 50 Meter Entfernung eine Maus hören, nicht nur für die Menschen in vergangener Zeit unbegreiflich, der Mythos Eule ist ungebrochen.

Wer kennt sie nicht, die prominente Eule Hedwig aus Harry Potters magischer Welt. In der Tat haben Eulen etwas Magisches. Mit ihren starren Augen ziehen sie jeden Betrachten in ihren Bann. Wie die interessierten Schüler erfuhren, ist die ganz besondere Anatomie der Nachgreife für dieses Phänomen verantwortlich. Die röhrenförmigen Augen sind unbeweglich im Schädel verankert. Die fehlende Beweglichkeit gleicht der Nachgreif durch eine überdurchschnittlich gute Beweglichkeit der Halswirbelsäule aus, die eine Kopfdrehung von 270° erlaubt. Würden wir Menschen unseren Kopf auch nur um 180°drehen, wäre die Blutzufuhr zum Gehirn nicht mehr gewährleistet.

Noch faszinierender ist die Sinnesleistung ihrer Ohren. Schleiereulen seien als einzige Vertreter ihrer Spezies in der Lage, nur nach dem Gehör zu jagen, und das sogar noch zielgenauer als Fledermäuse. Grundlage dafür sei die Fähigkeit, den eintreffenden Schall auf eine 30.000stel Sekunde genau zu differenzieren, so der Referent.

Und dann sind da noch die außergewöhnlichen Krallen und besonderen Federn. Letztere ermöglichen den Eulen ihren lautlosen Flug. Hören und nicht gehört werden, die unschlagbaren Waffen der nächtlichen Jäger. Mit großem Erstaunen erfuhren die Schüler, dass die modernen Windenergieanlagen diese Technik kopiert haben. Genau wie bei einer Eulenfeder, wird auch hier das Strömungsgeräusch durch einen gezähnelten Rand gebrochen und dadurch wesentlich leiser.

Die bevorzugte Beute der Schleiereulen seien Mäuse, und das reichlich. Die Schüler haben es nicht erraten, bis zu 60 Nager kann eine einzige Eulenfamilie nachts vertilgen.

Intime Einblicke in das Familienleben begeisterten die Schüler ganz besonders. „Können Eulen küssen?“, überraschte ein Schüler den Referenten. „Wenn Vögel verliebt schnäbeln, ist dies nichts anderes als Küssen“, so der Referent süffisant.
„Und wir alle sind diesen wundervollen Geschöpfen verpflichtet“, so der Referent. Dabei dürfe man sie nicht nur als Ressource betrachten, sondern müsse ihren Wert in sich erfassen. Dieser Wert in sich verpflichte zu ihrem Schutz. Besonders zu schaffen mache den nächtlichen Jägern die Versiegelung der Landschaft durch Mais. Seit 2011 sei der Bestand bundesweit rückläufig, der Referent abschließend.