Albert-Trautmann-Schule thematisiert Steinkauz

Man hätte das Fallen einer Feder hören können, so ruhig war es im Klassenzimmer, als die „Lautlosen Jäger der Nacht“ thematisiert wurden. Irmgart Neubert, Lehrerin an der Albert Trautmann Schule Werlte, hatte Dr. Andreas Schüring vom NABU Werlte/Sögel zu einer Unterrichtseinheit über Eulen gewinnen können. Schulleiter Klaus Ruhe zeigte sich begeistert von dem einmaligen Bildmaterial und den spannenden Informationen.


Magische Bernsteinaugen, unheimlicher Ruf, göttlicher Wappenvogel, die ambivalenten Attribute einer unserer kleinsten Eulen, dem Steinkauz. Wie Schüring zu berichten wusste, gilt die kleine Eule deutschlandweit als stark gefährdet. Jetzt drohe ihr vielerorts durch die Monotonisierung unserer Landschaft das Aus.

 


Für die Schüler neu, in den Adern der kleinen Eule fließt südeuropäisches Blut. Bevor die Art zu uns siedelte, bewohnte sie die Steppen und Halbwüsten der südlichen Hemisphäre, so der Referent. Steinkäuze seien sich ein Leben lang treu, ja zumindest meistens, erfuhren sie weiter. Bereits im zeitigen Frühjahr seien ihre Balzrufe zu hören, ein lautes katerähnliches „mjau“. Nach einer Brutdauer von rund einem Monat schlüpfe dann in weißem Flaum das erste Küken.  Das Brutgeschäft zu beobachten und fotografisch zu dokumentieren gelingt nur ganz selten. Schüring hatte für seine atemberaubenden Aufnahmen einen gefällten hohlen Apfelbaum aufwändig präpariert. Frei nach dem Motto „Big brother is photographing you“ dokumentierte er eindrucksvoll die sonst verborgene Kinderstube der sympathischen kleinen Eule.


Für die Schüler kaum zu glauben, dass die Jungvögel sogar schon im Ei rufen, ja, sie reagieren laut Schüring sogar schon auf die Warnrufen ihrer Eltern. So könnten sich die Kauzeltern laut schon frühzeitig mit Futtervorräten auf die hungrigen Schnäbel vorbereiten. Erstaunlicherweise erscheinen die Pupillen junger Käuze anfänglich in eindrucksvollem Hellblau. Die Linsen seien in dieser Lebensphase noch nicht durchsichtig. Schüring bezeichnete dieses Phänomen als „jugendlichen blauen Star“. Die Bilder zeigten Altvögel, die kopfüber füttern, und dies sehr geschickt. In regenarmen Perioden, bestehe die Nahrung praktisch nur aus Insekten, Raupen und Mäusen, ansonsten würden Regenwürmer bevorzugt. Im Alter von einem Monat gehe es dann in Richtung Höhleneingang, um dem anfliegenden Altvogel den besten Happen zu entreißen. Um diesen Sitzplatz werde natürlich ausdauernd gestritten. Sei der Magen voll, ziehe man sich in die Tiefe der Höhle zurück und überlasse kampflos seinen Geschwistern den begehrten Ort.

Einmal die sichere Bruthöhle verlassen, gebe es zunächst kein Zurück, eine gefährliche Zukunft liege jetzt vor dem Steinkauznachwuchs. Laut Schüring schafft nur etwa ein Viertel das erste Lebensjahr. Der Nachwuchs falle leicht Beutegreifern auf vier Pfoten oder leisen Flügeln zum Opfer. Ja, insbesondere Waldohreulen hätten es auf die kleinen Verwandten abgesehen. Lange Regenperioden oder schneereiche Winter tun ihr Übriges.


Die Altvögel müssten nun Tag und Nacht wachsam sein und jede Menge Beute schlagen. Die Nächte seien erfüllt von den leise fiepsenden Bettelrufen des Nachwuchses, der niemals satt zu werden scheine.
Kein Wunder, dass jetzt der Jäger der Nacht zur Tageule mutiere, mit etwas Glück ließen sie dann den Beobachter teilhaben an ihrem aufregenden Jagdszenario. Ausgestattet mit außergewöhnlichen Sinnesorganen gepaart mit einem lautlosen Flugapparat, dolchartigen Krallen und einem Hakenschnabel seien die Käuze der Schrecken der Kleintiere. Bei einem Eigengewicht von rund 200 g könnten sie Beute bis zu fast 30% ihres Eigengewichtes schlagen, eine Meisterleistung unter den Eulen. Eine solche Beute von der Größe einer Drossel reiche dann aber auch als doppelte Tagesration, so Schüring. Die Hauptaktivität zeigten die Vögel 30 Minuten vor und nach Sonnenaufgang.


Steinkäuze seien gut anpassungsfähig. Als Charaktervogel für kurzgrasiges Grünland liebe er Obstbaumwiesen, Schaf- und Pferdeweiden. Überall wo der Kauz Unterschlupf und Ruhe fände, ziehe er seinen Nachwuchs auf. Feldscheunen, Tierunterstände, landwirtschaftliche Gebäude, Brennholzstapel, ausgehöhlte Kopfweiden und Obstbäume seien potentielle Brutplätze. Da der Kauz vorrangig auf der Erde nach Beute jage, bereite ihm die großflächige Versiegelung des Bodens durch Energiepflanzen zunehmend Probleme.


Die Spannung unter den Schülern war besonders groß, als der Referent sie mit seinen Bildern entführte zur aufregenden lautlosen Jagd in der Dämmerung. Zunächst fixiert der Kauz die Beute mit der Magie seiner weit aufgerissenen gelben Augen. Mit rasch flatternden Flügelschlägen fliegt er dann das Opfer zielsicher. Unmittelbar vor dem Ziel zieht er seine mit nadelspitzen Krallen bewehrten Füße in Richtung Körper, den Stoß fächerförmig ausgespreizt. Die dolchartigen Krallen schnellt er dann unmittelbar vor der Beute nach vorne, um sie mit sicherem Griff zu schlagen.


Die entscheidende letzte Phase der Jagd vollziehe sich laut Schüring im Blindflug, dass Verletzungsrisiko des Sehapparates sei einfach zu groß.  In dieser letzten Blindflugphase könne die Flugrichtung nicht mehr korrigiert werden. Sollte der Kleinnager dann seine Position wechseln, erlebe man eine verdutzte Eule, die allerdings im Bruchteil einer Sekunde umdisponiere, um zum Bodenjäger zu mutieren. Einmal mit den Krallen erfasst, sei jede Flucht zwecklos. Der starke Griff töte in der Regel den Nager sofort. Verlassen die Jungeulen ihre Kinderstube lernten sie rasch, auf Bewegung zu reagieren. Da würden krabbelnde Käfer erbeutet oder beherzt mit Regenwürmern gekämpft.


Der Erhalt alter Obstbaumbestände und Kopfweiden, kurzrasiger Lebensräume mit Feldgehölzen, dass Installieren von Niströhren, Berücksichtigung von Steinkauzvorkommen in Landschafts- und Flächennutzungsplänen, extensive Viehweiden in Gehöftnähe sowie den Erhalt von Brutnischen und Einflugmöglichkeiten in Gebäuden, seien für die Vögel heute existentiell wichtig so Schüring abschließend.
Die spannende Fotoexkursion in das geheimnisvolle Leben des Steinkauzes soll, so Schulleiter Ruhe begeistert, auch zukünftige Schülergenerationen in ihren Bann ziehen.

Die Fotos von Herrn Schüring zeigen ein eindrucksvolles Jagdszenario, einen Steinkauz nach erfolgreicher Jagd, Einblicke in eine Steinkauzbruthöhle und eine Fütterung des Steinkauznachwuchses.